Ackerwissen: Immer mehr Gemüse?
Alle Solawistas kennen es aus eigener Erfahrung: Unsere Gemüsemengen schwanken stark. Der wichtigste Grund dafür sind schlicht die Jahreszeiten und unser lokales Klima. Denn wir bieten in der Solawi ausschließlich saisonales Gemüse an und verzichten z.B. auf geheizte Gewächshäuser oder aufwendigste Kühl- und Lagertechnik. Wie kommen die Solawistas mit diesen Schwankungen zurecht und wie beurteilen sie die Mengen insgesamt? Das versuchen wir seit 2019 einmal jährlich unter allen Solawistas abzufragen.
Bei unseren Online-Umfragen unter jeweils über 400 Solawistas zeigte sich bisher die deutliche Mehrheit mit den Mengen insgesamt zufrieden (2019: 64%; 2020: 75%).* Zu groß fanden die Gemüsemengen im Schnitt 2019 16,3% der Solawistas, 2020 13,6%. Der Anteil der Solawistas, denen die Gemüsemenge insgesamt zu klein war, hat sich 2020 mit 10,7% im Vergleich zu 2019 (19%) fast halbiert.
Dass deutlich weniger Solawistas von zu kleinen Mengen berichten, hängt – neben der Art der Fragestellung** – vermutlich auch mit den real verteilten Mengen zusammen: Tatsächlich hat sich, wie in der vergangenen Ackerpost berichtet, die Gemüsemenge von 2019 auf 2020 deutlich erhöht (s. vorheriges Ackerwissen).
“Das Gemüse verliert seinen Preis und bekommt seinen Wert zurück” – so lautet einer der Schlüssel-Sätze für das Solawi-Konzept. Es ist deshalb nicht im Sinne des Solawi-Konzeptes, Jahr für Jahr auszurechnen, was ein Kilo Gemüse die einzelnen Mitglieder gekostet hat (und ob es das anderswo günstiger gäbe). Dennoch kann geschlussfolgert werden, dass ein gewisser Zusammenhang besteht zwischen dem Durchschnittspreis für einen Anteil (Richtwert) und den Mengen. Von 2019/20 auf 2020/21 hat sich der Richtwert von 516 auf 560 Euro pro Jahr um 8,5% erhöht. Zugleich wurden bereits bis jetzt über 23.000 Stück oder rund 25 % mehr Gemüse verteilt als in der vergangenen Saison (während die nach Gewicht verteilte Menge ziemlich genau der aus der Vorsaison entspricht).
Haben wir also 2020/21 deutlich mehr Gemüse angebaut als 2019/20? Eigentlich nicht! Zwar haben wir 2020 rund 60.000 Jungpflanzen mehr in die Erde gesetzt als 2019, allerdings
- haben wir 2020 auch über 30.000 Feldsalat-Pflänzchen mehr gesetzt als 2019,
- haben wir 2020 rund 20.000 Mais-Jungpflänzchen gepflanzt – in den Jahren davor wurde der Zuckermais gesät,
- haben wir generell 2020 bei einigen Gemüsearten einen größeren Anteil gepflanzt anstatt direkt zu säen, z.B. bei Roter Bete, was ebenfalls die Zahl der Jungpflanzen erhöht.
Nimmt man gepflanztes und gesätes Gemüse zusammen, so zeigt sich, dass unsere Gemüsefläche in 2020 ziemlich genau der Gemüsefläche in 2019 entsprach.
Wir erklären uns die steigenden Erträge deshalb vor allem so: Je länger die Solawi besteht, desto besser laufen viele Prozesse – auf dem Acker genauso wie hinter den Kulissen – und das wirkt sich positiv auf die Erntemengen aus. Dass vieles in der Solawi immer besser funktioniert gibt es aber auch nicht zum Nulltarif. So mussten wir bereits von 2019 auf 2020 deutlich mehr Geld für bezahlte Verwaltungsarbeiten einkalkulieren und auch die Stunden des Anbauteams erhöhen – womit wir wieder bei dem von uns vermuteten positiven Zusammenhang zwischen steigenden Beiträgen und besseren Erträgen wären…
Anmerkungen:
* Ein Blick in die vielen spannenden Kommentare, die zu dieser Frage abgegeben wurden, zeigt allerdings, dass wir diesen Aspekt in Zukunft unbedingt differenzierter abfragen müssen: einige Solawistas vermissten die Antwortmöglichkeit “im Sommer zu viel, im Winter zu wenig” oder “zu viel vom Unbeliebten, zu wenig vom Beliebten”. Auch gelingt es uns bisher nicht immer, von jedem Gemüse eine wirklich “vernünftige” Menge zu liefern. Manche Solawistas berichten dann von dem Dilemma “Zum Kochen zu wenig, aber zum Wegwerfen zu viel/viel zu schade” oder stehen vor der Frage “Wo schmuggle ich dieses Gemüse denn jetzt hinein?” Oder, wie es ein*e Teilnehmer*in der Umfrage ganz großartig auf den Punkt bringt: “eine Stange Rhabarber macht auch glücklich – zwei Stangen Rhabarber machen noch glücklicher”.
** 2019 gab es die Antwortmöglichkeiten “ein bisschen zu wenig/viel” und “zu wenig/viel”, 2020 dann “zu wenig/viel” und “viel zu wenig/viel”. Ein kleiner Unterschied, der die Vergleichbarkeit möglicherweise stark einschränkt!
Bild: Während viele Mengen gestiegen sind, haben wir bei den Kürbissen 2020 mit rund 5400 Stück ähnlich viele Exemplare verteilt wie in den beiden Vorjahren. (Foto: Nicole Laka)