
Such die Möhre!
“Tief im Westen” röhrte Herbert Grönemeyer legendär über seine Heimatstadt Bochum. “Tief im Unkraut!” stöhnen die Gärtner*innen auf Hof Quellen, der Heimat des Solawi-Gemüses, zur Zeit beim Blick auf die Möhrenbeete. Also in die Hände gespuckt, die Radhacke geschwungen und ran an die unerwünschten Kräuter! Möhren wachsen anfangs sehr langsam – wie auch ihre Schwestern und Brüder namens Pastinake und Petersilienwurzel. Deshalb gehen wir ein bis zwei Wochen nach der Aussaat dieser Wurzeln mit dem Gasbrenner übers Feld und eliminieren den ersten Schwung vorwitziger Unkräuter. Solange diese noch klein sind, vergehen sie bei Hitze in Millisekunden. Haben wir mit dem sogenannten Abflammen den richtigen Zeitpunkt erwischt strecken schon kurz darauf die Wurzeln ihr erstes Grün aus dem Boden. Das Unkraut holt die zarten Möhrchen jedoch schnell wieder ein, so dass schon bald gehackt werden muss, damit die Wurzeln nicht in einem grünen Teppich versinken.

Das Unkrauthacken kann entweder per Traktor-Hacke erfolgen. Dafür sind perfekt eingestellte Schutz-Scheiben oder -Tunnel wichtig und unbedingtes Geradeausfahren! Andernfalls ist das zarte Gemüse im Nu verschüttet. Im Anschluss muss noch von Hand gejätet werden. Eine Alternative ist das Arbeiten mit der Radhacke. Dieses geniale Gerät wird mit elegantem Schwung durchs Beet geschoben. Ein scharfes Messer pendelt dabei hin und her. Damit kann noch näher an den Mini-Wurzeln gehackt werden. Mit etwas Übung werden auch noch Unkräuter erwischt, die nur einen Millimeter neben der Möhre stehen. Diese Methode ohne Traktor dauert im ersten Arbeitsgang natürlich länger. Dafür werden jede Menge Zeit und Nerven beim zweiten Arbeitsgang, dem semi-beliebten Jäten, gespart.
Bei idealen Bedingungen gleicht das Möhrenjäten so einem Spaziergang bei dem sich die Gärtner*innen alle zwei Meter einmal kurz bücken, um wenige verbliebene Unkräuter zu zupfen. Ideale Bedingungen sind zum einen trockenes Wetter nach der Keimung der Wurzeln. Dann sprießt nämlich weniger Unkraut und das weggehackte Kraut vertrocknet flugs. Zum anderen ist der Zeitpunkt für das Abflammen mit dem Gasbrenner entscheidend. Je weniger Zeit zwischen dem Abflammen und dem Durchbrechen der Möhre durch die Oberfläche liegt, desto mehr Unkraut wird bereits hier mit ‘erwischt’, weil schon gekeimt. Wer hektarweise Möhren anbaut, ist deshalb mitunter sogar nachts mit dem Gasbrenner im Möhrenfeld unterwegs (per Traktor allerdings und mit diversen Gasflaschen) nach dem Motto ‘Jede Stunde zählt’. Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, hatten wir dieses Jahr keine idealen Bedingungen (siehe “Vorher”-Bild). Aber dank Fleiß und Radhacke konnten wir den Möhren-Unkraut-Dschungel auch dieses Jahr lichten.

Text und Bilder: Wendelin Sandkühler