Der Schröpfschnitt
Schon vor über fünf Jahrtausenden wurde zu medizinischen Zwecken geschröpft. Die Praxis ist, vermutlich zu Recht, arg aus der Mode gekommen. Stattdessen ist Schröpfen ein geflügeltes Wort geworden. „Jemandem mit List oder Geschick unverhältnismäßig viel Geld abnehmen“ heißt es im Duden. Auch auf dem Acker wird gelegentlich geschröpft. Und zwar, auch das ist dem Duden nicht verborgen geblieben, um „die Entwicklung zu üppig wachsender junger Saat bewusst [zu] unterbrechen“.
Auf Hof Quellen wuchs in den letzten Wochen so manche junge Saat zu üppig: allen voran Hühnerhirse und Kleinblütiges Knopfkraut (auch als „Franzosenkraut“ bekannt und ein gefragtes Suppenkraut in Lateinamerika). Um solch unerwünschtes Kraut zu stören, kann es mit einem sogenannten Schröpfschnitt abgemäht oder mit dem Mulcher „abgeschlegelt“ werden. Im Fall von Hühnerhirse und Knopfkraut würden wir damit allerdings auch das Gemüse schröpfen. Denn das Kraut wächst mitten im Gemüse, gern auch auf dem selben Quadratmillimeter! Bei Möhren & Co. müssen wir also mit anderen Maschinen arbeiten . Das erfordert einiges an Hirnschmalz und manchmal müssen wir das Unkraut auch von Hand jäten. Bei flächig ausgesäten Pflanzen machen wir aber gelegentlich einen Schröpfschnitt, wenn nach der Aussaat viel mehr Unkraut keimt als erwünscht. Dieses Jahr war das beim Kleegras und in einem unserer Kohl-Nützlings-Blühstreifen der Fall. Im Kleegras, das wir als Zwischenfrucht zur Bodenverbesserung anbauen, ist uns die Melde zu dominant geworden. Also wurde sie kürzlich geschröpft, indem alles auf ca. zehn Zentimetern Höhe abgemulcht wurde.
Die Melde mag das überhaupt nicht. Klee und Gras hingegen profitieren eher, wenn sie geschnitten werden, wachsen danach um so kräftiger und können sich besser durchsetzen. Im Blühstreifen ist es nicht ganz so einfach. Immerhin besteht dieser selbst schon aus zehn verschiedenen Pflanzen von Buchweizen bis Ringelblume. In jedem Fall konnten wir hier mit einem Schröpfschnitt den aufdringlichen Knöterich zurückdrängen. Dabei mussten wir in Kauf nehmen, dass der bereits blühende Buchweizen auch geschädigt wurde. Dafür haben nun viele andere Blühpflanzen wieder Licht und können sich entfalten, z.B. das niedrig wachsende weiße Steinkraut.
Text und Bilder: Wendelin Sandkühler