
Getreidefrust und Kartoffelernte mit Hindernissen
Frisch gedroschenes Getreide füllte in den letzten Wochen viele Scheunen in Norddeutschland. Leider jedoch aufgrund des verregneten Sommers in mangelhafter Qualität. Ganz viele Höfe können ihr Getreide deshalb nicht wie geplant an Bäckereien verkaufen. Wer Glück hat, kann die Körner wenigstens noch an eigene Tiere verfüttern, wer eine Biogas-Anlage in der Nähe hat, macht Strom draus. Und nicht wenige lassen die Halme gleich auf dem Feld, mulchen sie runter und pflügen alles unter. Der Hintergrund: Zum Dreschen von Getreide muss es komplett trocken sein. Ein kleiner Regenschauer alle zwei Tage, wie in den letzten zwei Monaten, ist da der Super-Gau. Wenn es denn mal trocken genug war, ließen die Getreidebäuer*innen die Mähdrescher also auch nachts dreschen – bis es durch den Tau zu feucht wurde (meist so gegen vier Uhr morgens). Weiter gehen konnte es dann erst, wenn der Tau weggetrocknet war (trotz Sonne oft nicht vor elf Uhr).
Zudem erreicht Getreide stets zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Backreife – dann muss es innerhalb weniger Tage gedroschen und eingelagert werden. Bleibt es z.B. zwei Wochen zu lange am Halm, will es keine Bäckerei mehr haben und es wird meist zu Viehfutter oder zum Biogas-Stromlieferanten degradiert. Unser Landwirt Matthias vom Biohof Quellen hat in den letzten Wochen, wie viele andere Höfe, bereits viel zu viel nicht backfähiges Getreide eingelagert. Sein Bedarf an Getreide zur Verfütterung ist damit mehr als gedeckt. Für den Hafer, den Matthias noch auf dem Feld stehen hat und der eigentlich zu Bio-Haferdrinks verarbeitet werden sollte, bleibt wohl nur noch die Option Biogasanlage oder Verkauf über “den Weltmarktpreis” als konventionelle Ware. Das Problem ist hier nicht die Backfähigkeit, es sind die vielen Pilze, die sich im ewig feuchten Sommer im noch nicht reifen Hafer einnisteten. Ein Verkauf als Bio-Futtergetreide an andere Bio-Betriebe scheidet ebenfalls aus: die schwimmen alle selbst in Futtergetreide das eigentlich Backgetreide werden sollte…
Im Osten Deutschlands übrigens war es vielerorts nicht zu nass, sondern viel zu trocken – winzige Getreideernten bereits im Juli waren dort die Folge. Das nasse Wetter in der Nordheide wurde langsam auch für die Bio-Kartoffeln zum Problem, die Landwirt Matthias für die Solawi anbaut. Die Ernte war eigentlich vor vier Wochen geplant, damals wurde mit einem Mulcher das welke Kartoffelkraut abgeschlegelt. Seither ruht der Acker. Für eine Ernte war es stets zu nass und inzwischen verfaulen mit jedem Tag, der vergeht, mehr Knollen. Diese Woche konnten nun endlich die Kartoffeln geerntet – und ein erster Schwung auch gleich in die Solawi-Depots verteilt werden. Wie hoch der Ausschuss durch Fäule am Ende ist, der aussortiert werden muss, bleibt abzuwarten.
Text und Bilder: Wendelin Sandkühler