Untersaat “deluxe” (Teil 2)
Im letzten “Ackerwissen” haben wir bereits – ausgehend vom Beispiel Zuckermais – von Untersaaten geschwärmt und erklärt, dass es sich um eine clevere Form der Gründüngung handelt. “Gründüngung deluxe” schrieben wir. Aber was ist denn so “deluxe” an einer Untersaat? Eine Untersaat ist deshalb “deluxe”, also noch toller als klassische Gründüngungen / Zwischenfrüchte, die vor oder nach der Ernte ihr Zeifenster zum Wachsen bekommen, weil…
… sie bereits los wachsen kann, während die Hauptfrucht die Fläche noch belegt. Das nützt dem Boden, weil gilt: Je intensiver, länger und vielfältiger dieser durchwurzelt ist, desto besser.
… die Untersaat kann zudem mehr Pflanzenmasse, also mehr nützliches “Bodenfutter” bilden, da sie nach der Abernte ja bereits etabliert ist und in den verbleibenden, immer knappen Wochen oder Monaten bis zwischen Abernte und Wintereinbruch oder Folgefrucht, besonders groß werden kann.
… die Bodenbearbeitung nach der Abernte entfällt. Die Gemüse-Erntereste werden nur möglichst klein gehäckselt (“gemulcht”), damit die Untersaat Licht bekommt. Das spart nicht nur Arbeit und Diesel – auch die Bodenlebewesen freuen sich über die längere “Bodenruhe”.
… wenn das Timing stimmt, bedeckt die Untersaat jede freie Fläche. Statt unerwünschtem (Un-)Kraut wächst (fast) nur noch erwünschte Untersaat – es muss weniger Unkraut gehackt oder gar gejätet werden.
…mit Untersaaten ist Extremwetter ein geringeres Problem. Einerseits bedecken sie den Boden und verhindern Erosion. Andererseits ist es kein Problem, wenn es nach der Abernte im Spätsommer / Herbst extrem feucht (zu feucht, um für Bodenbearbeitung / Zwischenfrucht-Aussaat aufs Feld fahren zu können) oder extrem trocken ist (so trocken, dass eine frisch gesäte Zwischenfrucht extra bewässert werden müsste). Ohne Untersaat kann, je nach Bodentyp, zu trockenes oder zu nasses Wetter die Zwischenfrucht schonmal unmöglich machen.
Woraus besteht eine Untersaat?
Aus Bodensicht ideal ist eine Untersaat mit winterharten Pflanzen, weil diese dann nach der Abernte meist noch weit bis ins nächste Frühjahr hinein weiterwachsen können und den Boden bedeckt halten. Klassische winterharte Untersaaten sind Gräser wie Weidelgras sowie diverse niedrigwachsende Kleearten wie Erd-, Weiß-, Gelb-, Horn- oder Wiesenrotklee. Es lebe die Kleevielfalt! 😉 Wir mischen auch gern, z.B. im Mais, etwas höher wachsende Pflanzen wie Winterwicken und Wintererbsen in die Untersaat. Auch einjährige, also abfrierende Sommer-Pflanzen wie Phacelia, Buchweizen, Seradella, Weiße Lupine oder das legendäre Ramtillkraut und sogar Sonnenblumen findet ihr in unserer Mais-Untersaat. (bei weniger starkwüchsigem Gemüse wie Wurzelgemüse, Kohl oder Porree beschränken wir uns tendenziell auf die niedrigwachsenden Pflanzen, um keine unerwünschte Untersaat-Konkurrenz zu schaffen). Übrigens sind fast alle der genannten Pflanzen Schmetterlingsblütler / Leguminosen (bis auf Buchweizen, Sonnenblume, Phacelia und Gras), können also Stickstoff aus der Luft in ihren Pflanzenteilen einlagern – “kostenloser Zusatzdünger”.
Warum sind Untersaaten bisher eine Seltenheit?
Untersaaten haben keine Tradition, auch vertragen sie sich – ähnlich wie Zwischenfrüchte allgemein – grundsätzlich nicht so gut mit den oft “kleinteiligen Fruchtfolgen” im Gemüseanbau. Das größte Hindernis für LandwirtInnen und insbesondere GärtnerInnen ist die Sorge vor zur großer Konkurrenz, also vor dem “Überwuchern” der Hauptfrucht durch die Untersaat. Dass die Sorge nicht unberechtigt ist, haben wir natürlich auch schon erlebt – zum Beispiel, als unser Knollensellerie 2020 im Gras fast zu “ertrinken” schien und wir zu kleine Knollen und eine beschwerliche Ernte befürchteten. Trotzdem möchten wir alle GärtnerInnen an dieser Stelle ausdrücklich ermutigen, mit Untersaaten zu experimentieren. Nach unserer Erfahrung können die Samen mit guten Ergebnissen einfach von Hand in den wachsenden Gemüsebestand gestreut werden. Und selbst die befürchtete Horror-Sellerie-Ernte 2020 ging mitten im üppigen Gras dann doch noch erstaunlich zügig!
Text & Bilder: Wendelin Sandkühler
One thought on “Untersaat “deluxe” (Teil 2)”
Ich find‘s ganz toll, wie gut ihr euch um eure Böden kümmert! <3
Comments are closed.