
Ackerwissen: Das Projekt „Gemüsekühlung“, Teil 1
Seit Jahren diskutieren wir immer mal wieder darüber, wie wir unser Gemüse vom Herbst bis zum Frühjahr besser lagern können. Denn anders als die allermeisten anderen Solawis und Gärtnereien lagern wir Rote Bete, Sellerie, Kohl und Co. Bisher noch in einer simplen Scheune anstatt in einem speziell darauf ausgelegten Kühlraum. Das Solawi-Anbauteam wünscht sich nun einen solchen Kühlraum am Hof und erklärt hier, was bisher angedacht ist und welche Vorteile damit verbunden wären.
Was ist bisher angedacht?
Das Anbauteam wünscht sich zunächst eine „kleine Lösung“: Der Teil der Scheune, der bisher bereits als improvisiertes Lager genutzt wird, soll auf einer Fläche von ca. 6×6 Metern mit gebrauchten Isolierplatten verkleidet und mit einem strombetriebenen modernen Kühlaggregat ausgestattet werden. Da kein eigenes Gebäude errichtet werden muss, ist dies eine einfache und kostengünstige Lösung, die eines Tages bei Bedarf vergrößert oder mit einem zusätzlichen Lagerraum ergänzt werden könnte.
Soll dann mehr Lagergemüse angebaut werden?
Nein, wir wollen in etwa dieselbe Menge an Lagergemüse anbauen wie bisher. Die Kühlung soll vor allem die Verluste reduzieren, die wir jeden Winter beim Lagergemüse haben und eine konstantere Gemüsequalität auch im Winter garantieren (keine weichen Roten Beten oder gefrosteten Möhren mehr, weniger B-Ware etc.). Mehr dazu bei der Frage „Welche Vorteile hat eine Gemüsekühlung?“.
Was soll gekühlt werden?
Rot- und Weißkohl, ggf. Wirsing, Rote Bete, Knollensellerie, Steckrüben, Superschmelz-Lagerkohlrabis sowie künftig auch Möhren und in Notfällen (sehr starker Frost angekündigt) auch Porree. Außerdem lagerfähige Salatköpfe wie Endivie, Zuckerhut, Radicchio, Chinakohl – für 2-6 Wochen, um mindestens bis Ende Dezember „handfeste“ Salate liefern zu können. Alle genannten Gemüsearten halten sich bei einer Temperatur von knapp einem Grad und hoher Luftfeuchtigkeit am längsten.
Die Kartoffeln und Zwiebeln mögen es nicht so kühl und feucht und werden auch bisher schon in separaten Räumen gelagert. Dasselbe gilt für unsere Kürbisse.
Wirklich winterhart sind im Bereich des klassischen Lagergemüses nur Petersilienwurzeln und Pastinaken. Ab Februar werden diese Wurzeln im Boden allerdings zunehmend von Nagern und teils auch von Staunässe geplagt und dezimiert. Deshalb kann es sinnvoll sein, diese spät im Jahr ebenfalls einzulagern, um auch im März oder April noch hochwertige Wurzeln verteilen zu können.
Von wann bis wann soll gekühlt werden?
Die Kühlung soll zunächst ausschließlich in der kalten Jahreszeit genutzt werden: Von Mitte/Ende Oktober bis März/April.
Welche Vorteile hat eine Gemüsekühlung?
- Die Kühlung soll uns helfen, winterliche Verluste auf dem Feld (durch Frost, Mäuse, Staunässe) aber auch im Lager (durch Fäulnis und Schimmel aber auch Mäuse und Ratten) zu vermeiden!
- Speziell die Ratten knabbern uns nicht nur Gemüse weg, sondern stellen ein zunehmendes Hygiene-Problem dar. Wir weiten deshalb die Nagerbekämpfung am Hof derzeit massiv aus. Zusätzlich müssen wir aber unbedingt einen großen Nager-freien Raum schaffen (was teuer und aufwendig ist), ohne Schlupflöcher und geheime Gänge. Unsere Kühlzelle soll deshalb unbedingt 100 % dicht sein, so dass das Gemüse dort auch in der warmen Jahreshälfte, wenn die Kühlung ausgeschaltet ist, die eine oder andere Nacht vor den Nagern geschützt stehen kann.
- Häufiger sind wir im Winter nicht zufrieden mit der Qualität des Lagergemüses. Um Verschwendung zu vermeiden, verteilen wir dann alles, was wir noch zumutbar finden: Möhren mit leichten Frostschäden, Rote Beten, die schon etwas weich sind, jede Menge B-Ware mit angeschnittenen Stellen etc. Mit einer Gemüsekühlung könnten wir künftig viel mehr unseres liebevoll angebauten Gemüses auch als knackige und einwandfreie A-Ware verteilen und hätten weniger Verluste.
- Das spart natürlich auch Arbeitszeit – aufwendiges Sortieren in A-Ware, B-Ware und Abfall/Kompost entfällt weitgehend, bei der Möhren-Ernte muss im tiefen Winter nicht mehr jede Möhre überprüft werden, ob sie einen Frostschaden hat. Besonders viel Arbeit macht uns bisher immer das Putzen von Rot- und Weißkohl im Herbst und Winter. Die äußeren Blätter sind nach einer gewissen Zeit nicht mehr genießbar und müssen entfernt werden, derzeit im Schnitt fünf bis zehn Blätter pro Kohlkopf. Das geht nur händisch und ist mühsam – ihr kennt es vielleicht selbst aus der Küche oder von einem Kohl-Ernte-Aktionstag –, weil die Blätter einander eng umschließen. Werden die Kohlköpfe in einer Kühlkammer gelagert, halten sie sich viel besser und es müssen im Schnitt nur ca. zwei bis drei Blätter „weggeputzt“ werden vor der Verteilung – die Arbeitszeit reduziert sich mindestens auf die Hälfte, eher auf ein Drittel – und am Ende bleibt mehr Kohl für alle, weil weniger auf dem Kompost landet (siehe oben).
- Schließlich ermöglicht eine Kühlung mehr Abwechslung, weil das Gemüse länger frisch bleibt und die Lieferperiode gestreckt werden kann. Anstatt drei bis vier Monate lang alle 2-3 Wochen Kohl, Sellerie, Rote Bete verteilen zu müssen, erlaubt eine Kühlung eine Verteilung in größeren Abständen, z.B. monatlich, aber dafür über einen deutlich längeren Zeitraum von 6 bis 8 Monaten (z.B. bei Sellerie September bis April). Anstatt im Oktober und November jede Woche (mindestens) einen Wintersalat verteilen zu müssen, könnte die Lieferperiode bis Ende Dezember, teils bis Ende Januar gestreckt werden, so dass wir auch mal eine Woche mit diesen Salaten pausieren könnten, damit alle ihre Zuckerhut, Radicchio oder Chinakohl aus den Vorwochen aufessen können. 😉
Was kostet eine Gemüsekühlung?
Wir kalkulieren aktuell mit maximal 20.000 Euro. Finanzieren wollen wir die Kühlung (wie andere langlebige Anschaffungen, die viele Jahre halten) über acht Jahre. Konkret wollen wir dafür Privat-Darlehen von einzelnen interessierten Solawistas aufnehmen. Für alle Solawistas zusammen bedeutet das pro Jahr Investitionskosten von 2500 Euro pro Jahr (20.000/8=2.500) – auf einen Gemüse-Anteil gerechnet sind das gut 3 Euro für ein ganzes Jahr.
Bild: Der Knollensellerie fängt in unserem improvisierten Lager recht schnell wieder an auszutreiben.
Bild: Timo Knorr / Text: Wendelin Sandkühler
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