
Wie viel Gemüse habt ihr 2022/-23 bekommen?
Seit 2018 erfassen wir jede Woche die Gemüsemengen, die den Hof in Richtung Abholstellen verlassen. In Summe kommen da erhebliche Mengen zusammen. In der gerade zu Ende gehenden Gemüse-Saison waren es z.B. rund 43 Tonnen und 127.000 Stück Gemüse, die wir verteilt haben.
Der Rückblick in unserer Lieferstatistik (siehe Tabelle unten) zeigt: die verteilten Stückzahlen steigen das fünfte Jahr in Folge und haben sich schon mehr als verdoppelt.
Das „Gewichts-Gemüse“, gemessen in Kilogramm oder Tonnen, entwickelt sich konstanter. 2022/-23 lag die Gesamtmenge mit rund 43 Tonnen etwas niedriger als in den beiden Vorjahren mit je 47 Tonnen. Gründe sind u.a. Probleme mit Trockenheit und Personalknappheit was eine schlechte Ernte insb. bei Kartoffeln und Möhren zur Folge hatte. Ein weiterer Grund ist, dass wir erstmalig noch einige Tonnen Lagergemüse für April (= neue Saison) einlagern konnten, die wir in der aktuellen Saison geerntet haben. Und wir mussten bei einigen Kohlgemüsen, die viel Gewicht auf die Waage bringen, aus Fruchtfolgegründen die Mengen reduzieren.

Wie viel Gemüse wurde pro Anteil verteilt?
Die Zahl unserer Gemüseanteile schwankt (leider) von Jahr zu Jahr. 2022/-23 lag sie z.B. im Jahresschnitt bei ca. 620. Im April/Mai sind wir mit 500 gestartet, im November haben wir 700 erreicht (geplant waren eigentlich 750).
Setzt man die Gemüsemengen in Beziehung zur durchschnittlichen Zahl der Anteile, zeigt sich ein für euch Solawistas positiver Trend. Wie ihr in der orangenen Spalte der obigen Tabelle sehen könnt, erhielt ein Anteil in der aktuellen Saison circa 182kg Gemüse und damit mehr als in den Vorjahren (150-164kg). Das entspricht bei 44 Lieferwochen im Schnitt ca. 3,9kg Gemüse pro Woche. Hätten wir nicht teilweise so schlechte Ernten gehabt, wäre es insb. beim handfesten Basis-Gemüse wie Kartoffeln, Möhren und Co. noch deutlich mehr, da wir ja mit weniger Anteilen als geplant durch die Saison gegangen sind.
Die Berechnung einer Gesamtmenge in Kilogramm ist natürlich eine Schätzung, aber eine relativ präzise. Versieht man jedes unserer „Stück-Gemüse“ mit einem Durchschnittsgewicht und ermittelt einen gewichteten Durchschnitt aus allen, landet man ziemlich genau bei 500g. Es handelt sich bei diesem halben Kilo um bunte Mischung mit sehr unterschiedliche schwerem Gemüse – von ein paar Zweigchen Kräuter bis zum 3-Kilo-Kohlkopf. Das meiste „Stück-Gemüse“ hat jedoch ein mittleres Gewicht (1 Fenchel, Salatkopf, Kohlrabi, Porree, Brokkoli, Pak Choi usw.).

Was kostet das Solawi-Gemüse im Vergleich?
Grundsätzlich interessieren wir uns als Solawi kaum für die aktuellen Kilo- und Stückpreise von Gemüse. Alle zusammen finanzieren wir ein Jahr ökologisch-fairen Gemüseanbau und teilen die komplette Ernte. Dadurch sparen wir im Vergleich zum „klassischen Einkauf“ nicht nur zigtausende Bezahl- und Buchungsvorgänge pro Jahr, sondern auch mehr oder weniger komplett die Kosten für Marketing, Ladenmieten, Verkäufer:innen, Verpackung, Etiketten, Zwischenhandel, lange Transporte und Verschwendung(!) – denn alles, was essbar ist, wird bei uns auch verteilt! Dazu kommt die freiwillige Mithilfe von vielen Solawistas jedes Jahr.
In der Summe gelingt es uns mit unserem Modell, alle unsere Angestellten weit übertariflich zu entlohnen und zugleich erschwingliches regionales Bio-Gemüse anzubieten. Wir wollen das nicht auf Euro und Cent für jedes einzelne Gemüse und jedes Jahr aufs Neue ausrechnen (zumal die Gemüsepreise saisonal natürlich stark schwanken). Dass unsere Mitglieder aber bisher auch aus rein monetärer Sicht gut beraten sind, in der Solawi dabeizusein, zeigt eine einfache Überschlagrechnung:
Aus unserer Gemüsestatistik und dem Richtwert pro Gemüseanteil ergibt sich ein ungefährer „Preis“ für unser Gemüse, abzulesen in der Spalte ganz rechts in der Tabelle. Dieser lag 2018, als wir die Gemüse-Anteile versehentlich zu günstig angeboten hatten, bei knapp 3 Euro pro Kilo Gemüse und ist zwischen 2019 (ca. 3,50 Euro) und 2022/-23 (ca. 3,72 Euro) um ca. 6% gestiegen. Zum Vergleich: allein 2022 stiegen die Gemüsepreise um über 10 Prozent.

Noch interessanter ist es, sich die absoluten Preise im Vergleich anzuschauen. Ein detaillierter Vergleich wäre extrem aufwendig, aber Stichproben zu verschiedenen Jahreszeiten bei Supermärkten, Bio- und Wochenmärkten, selbst bei Discountern zeigen deutlich: unter 4 Euro pro Kilo ist, meist schon seit mehreren Jahren, kaum ein Gemüse in Bio-Qualität zu bekommen. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln und weiteres Lagergemüse wie Weißkohl, Knollensellerie, Steckrüben oder Rote Bete.
Alle anderen 50+ Gemüsearten kosten (deutlich) über 4 Euro pro Kilogramm. Dieses „handfeste“, lagerfähige Basisgemüse macht ca. ein Drittel unserer Gesamtmenge aus.
Über den dicken Daumen gerechnet müsstet ihr also im Durchschnitt vermutlich mindestens 4 Euro pro Kilo – seit 2022 eher deutlich mehr – für euren Gemüse-Warenkorb berappen.
Nehmen wir an, ihr würdet übers Jahr verteilt ungefähr die Mengen der einzelnen Gemüse kaufen, die auch im Solawi-Anteil enthalten sind (und nicht 3kg Tomaten und 1kg Feldsalat pro Woche etc.), wenn ihr keinen Solawi-Anteil hättet.
Damit ergibt sich für uns ein klare Schlussfolgerung:
Unser Solawi-Gemüse kostet euch keinesfalls mehr als vergleichbare Ware in der Bio-Abteilung des Supermarkts. Aktuell spricht vieles dafür, dass sich mit Solawi-Gemüse sogar Geld sparen lässt.
Zur beispielhaften Illustration hier aktuelle Bio-Gemüsepreise bei Rewe (ohne Lieferpauschale wohlgemerkt ;-)).
Unser simples und damit kostengünstiges Vermarktungsmodell und unser kaum von extern zugekauften Produkten abhängiger Gemüseanbau erweisen sich also derzeit, wo viele aufs Geld schauen (müssen) als relativ preisstabil. Und erschwingliches Gemüse ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wo Bio-Ware zum Luxus zu werden droht, sicher auch für viele Solawistas ein wichtiger Grund, dabei zu sein oder eben nicht.
Das eines Tages auch die Zeit kommt, die Löhne der Solawi-Angestellten inflationsbedingt anzuheben, ist auch klar. Aktuell liegen sie mit 20 Euro Arbeitnehmer:innen-Brutto pro Stunde für alle Angestellten (Büro, Logistik, Acker) insbesondere für die Gärtner:innen und Logistiker:innen immer noch auf einem sehr guten Niveau – und viel höher als in fast jeder Solawi bzw. in fast jeder Bio-Gärtnerei.
Text und Fotos: Wendelin Sandkühler
2 thoughts on “Wie viel Gemüse habt ihr 2022/-23 bekommen?”
Danke Wendelin für die Zusammenstellung. Menge und Preis sind das eine. Mich begeistert die Vielfalt der Gemüsearten und -sorten und die unschlagbaren Frische – ein wahres Geschmackserlebnis. Mit einem feuchten Baumwolltuch abgedeckt bleibt sogar der Kopfsalat tagelang knackig frisch.
Und… es ist absolut transparent, wo, wie und mit wessen Hilfe das Gemüse gewachsen ist. Last but not least schätze ich die Gemeinschaft, zum Beispiel bei den Wochenedeinsätzen auf dem Acker und der gemeinsamen Mittagspause.
Danke Wendelin für deinen interessanten und ausführlichen Beitrag. Das, was sich gefühlt schon abzeichete, bestätigt sich durch eure Statistik deutlich: Das leckere Gemüse ist auch noch ein Schnäppchen. Damit es für die Solawi-Angestellten im nächsten Jahr auch endlich einen inflationsbedingten Ausgleich geben kann, müsste aber der Richtwert für einen Anteil entsprechend erhöht werden.
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