Ackerwissen: Winterchampion (Wick-)Roggen
Weiter geht es mit unserer neuen Serie zu Zwischenfrüchten und Gründüngungen. Nachdem der Buchweizen, den wir kürzlich hier vorgestellt haben, inzwischen abgefroren ist, geht es diese Woche um einen echten Winterchampion: den Roggen.
Während der Biohof Quellen, unser “Mutterbetrieb” und Verpächter, Roggen auch als Getreide anbaut, verwenden wir ihn in der Solawi-Gärtnerei ausschließlich als Gründüngung. Für diese Nutzung zu Bodenbedeckung und -belebung, auch Zwischenfrucht genannt, bringt er einige Vorteile mit: Erstens kann Roggen als Zwischenfrucht das ganze Jahr über gesät werden, vor allem auch noch im tiefsten Winter; er keimt auch im Winter und wächst trotz niedriger Temperaturen langsam aber stetig. Zweitens ist Roggen-Saatgut günstig und breit verfügbar. Und drittens und vor allem kann die Roggenpflanze genau das äußerst gut, was eine gute Zwischenfrucht können soll: sie hat ein intensives Wurzelwachstum und stabilisiert und belebt damit den Boden. Für die Bodenlebewesen sind Wurzeln überlebenswichtig – sie ernähren sich von Wurzelausscheidungen und von abgestorbenen Wurzelstückchen. Eine Roggenpflanze kann man sich vorstellen wie einen Eisberg: dem oberirdisch sichtbaren Teil steht ein deutlich größerer unterirdischer Teil gegenüber. Die Wurzeln können gut einen Meter tief reichen und bei einer einzigen Pflanze eine Gesamtlänge von 80 Metern erreichen.
Roggen wird häufig gemeinsam mit Wicken ausgesät. Das entstehende Gemenge wird Wickroggen genannt und besteht meist zu 30% aus Wicken und zu 70% aus Roggen. Wickroggen ist eine geniale Winterzwischenfrucht. Im späten Herbst und im Winter übernimmt der Roggen zunächst das Feld, bedeckt den Boden und bildet Fleißig Wurzlen. Die Wicken legen meist erst im Frühling richtig los. Als Leguminosen können sie wie Erbsen, Bohnen, Klee den Hauptnährstroff Stickstoff aus der Luft binden – ein konstengünstiger und ökologischer Dünger. Kommt ab März die Sonne zurück machen die Wicken im Frühling schnell viel Blattmasse; der Roggen dient ihnen als “Klettergerüst”, im Landwirtschaftsjargon Stützfrucht genannt.
Wir säen auf dem Solawi-Acker von September bis Anfang Oktober Wickroggen – wenn wir es so früh schaffen, Flächen frei zu haben, denn das meiste Lagergemüse wird erst im Oktober geerntet. Perfekt ist es, wenn die Wickroggenfläche auch erst ab Mai wieder mit Gemüse belegt wird, dann kann die Wicke im Frühling noch wachsen und ihre (Dünge-)Wirkung entfalten. Alle Flächen, die später erst frei werden oder schon früh im April mit Gemüse besät und bepflanzt werden, versuchen wir mit Roggen in Reinsaat einzusäen.
Text und Fotos: Wendelin Sandkühler