
Ackerwissen: Das Kräuter-ABC
Neben dem Gemüse bauen wir auf dem Solawi-Acker auch ein gutes Dutzend verschiedene Kräuter an – über die wir euch diese Woche einen Überblick geben wollen.
Unsere einjährigen Kräuter
Es sind genau drei Kräuter, die wir in der Saison in etwa alle vier Woche aufs Neue pflanzen, damit wir regelmäßig ernten können: Basilikum, Dill und Koriander. Alle drei eint, dass sie keine Chance haben, die Winterkälte zu überstehen. Wer sie im Folgejahr trotzdem ohne großen Aufwand im Beet haben will, kann sie blühen und aussamen lassen. Dann keimt es im nächsten Frühling und Sommer an der selben Stelle teilweise in beachtlich großer Zahl, vor allem beim Koriander aber auch beim Dill.

Die drei kurzlebigen Kräuter gehen auch alle ziemlich schnell in die Blüte, vor allem bei heißem Wetter oder schlechten Wachstumsbedingungen. Deshalb müssen sie regelmäßig neu gepfanzt oder gesät werden, um viele neue frische Blätter für regelmäige Ernten zu haben. Denn sobald die Pflanzen anfangen zu blühen, stecken sie ihre Energie in harte, lange Stängel und eben in die Blüten; die Blätter verkümmern.
Dieses Jahr haben Dill und Koriander früh zu blühen begonnen, obwohl sie noch klein waren, was vor allem an den starken Regenfällen lag. Dadurch wurden viele Nährstoffe nach unten ausgewaschen, die Pflanzen hatten Mangel und haben begonnen, sich auf eine Notblüte einzustellen. Hoffen wir, das es den Rest des Sommers besser läuft! Den Basilikum pflanzen wir übrigens immer erst später im Sommer, weil er besonders wärmeliebend ist – und weil wir die erste Ernte am liebsten kulinarisch passend zusammen mit den ersten Tomaten schneiden wollen.


Unsere zweijährigen Kräuter
Einige Kräuter pflanzen wir jedes Jahr neu – je nachdem, wie streng der Winter wird, können wir sie aber auch im zweiten Jahr noch eine Zeit lang nutzen. Dazu zählen Petersilie, Schnittlauch und Schnittknoblauch.

Schnittlauch und Schnittknoblauch hatten vergangenen Winter nicht zu viel Frost und einen günstigen Standort, so dass wir sie schon mehrmals erneut beernten konnten, während parallel ab Juni schon die neuen Pflanzen erntereif waren. Besonders der Schnittlauch aus dem alten Jahr wächst schon ab März richtig los und beschert frühe erste Kräuterernten. Der Schnittknoblauch ist viel langsamer und kommt jetzt erst langsam richtig in Schwung. Auch die beiden würzigen Kräuter wollen irgendwann blühen, meist im zweiten Jahr. Deshalb schneiden und verteilen wir sie auch noch mit einer gewissen Menge an Blüten, um den Blüh-Impuls möglichst lange hinauszuzögern. Sollte z.B. der Schnittlauch einmal sehr gelb und trocken werden, ist es eine gute Idee, ihn trotzdem zu schneiden (die Halme einfach liegenlassen), damit er wieder schöner neu nachwachsen kann.

Die Petersilie aus 2023 stand leider mitten im Acker (also “im Weg”) und war stark verunkrautet, so dass wir sie dieses Jahr gar nicht mehr schneiden konnten. Und die Mitte April neu gepflanzte Petersilie krebste lange vor sich hin (fehlende Nährstoffe, siehe oben), so dass es dieses Jahr noch gar keine Petersilie gab, weil sie einfach noch zu klein war für einen ersten Schnitt. Sie blüht in der Regel ebenfalls im zweiten Jahr, wird dann ungenießbar (und wurde deshalb sogar zur Giftpflanze der Jahres 2023 gekürt). Wir bauen häufiger die glatte Petersilie an, weil wir das Gefühl haben, dass viele Mitglieder mit der krausen Variante nicht so viel anfangen können (ganz anders als in Süddeutschland!). 😉
Unsere Dauerkräuter
Echte Dauerkulturen, die viele Jahre Ertrag liefern und jeden Frost überstehen, sind auf unserem Acker die folgenden: Majoran (der Zwilling des Oreganos), Thymian, Rosmarin, Liebstöckel (“Maggi-Kraut”), Lavendel und neuerdings auch Estragon und Anis-Ysop (Anis-Duftnessel) – die beiden letzteren gerade frisch gepflanzt. Außerdem zählt dazu, wenn auch kein Kraut, der Rhabarber.
Den Lavendel haben wir inzwischen an viele verschiedene Stellen in unserer Hecke und rund um die Hofgebäude verpflanzt, weil wir immer nicht so recht wussten, ob wir den überhaupt ernten sollten (was macht man mit Lavendel außer Duftsäckchen oder Limonaden?).

Die meisten Dauerkräuter wachsen schon seit 2019 bei uns und sind per Traktor leicht unkrautfrei zu halten (und lassen sowieso kaum Konkurrenz zu, seit sie “ausgewachsen” sind). Mal sehen, wie sich der Estragon und der exotische Anis-Ysop (den wir geschenkt bekommen haben) machen.

Mögliche weitere Dauerkräuter, die unsere Sammlung noch koplettieren könnten, wären insbesondere Minze, Sauerampfer und Salbei. Eher nicht in Betracht ziehen wir Blutampfer (sieht toll aus, schmeckt aber überhaupt nicht), Borretsch und Gewürztagetes (für die meisten wohl doch zu exotisch für die Küche), Ysop und Bohnenkraut (beide zu herb/streng im Geschmack, zumal wir ja nur Dicke Bohen anbauen) sowie Gewürzfenchel (Dill und normaler Fenchel reichen uns).
Weitere, einjährige, Kräuter, wie sie insbesondere die hessischen Marktgärtnereien für die berühmte “Grüne Soße” anbauen, sind uns entweder zu kurzlebig und empfindlich – Kresse, Kerbel – oder zu exotisch und wenig wohlschmeckend (Pimpinelle und für die meisten wohl auch der Kerbel). Möglich wäre auch Kapuzinerkresse – wunderschön, aber auch sehr scharf und für einen effizienten Anbau eigentlich viel zu wuchernd im Wachstum.

Wir bauen ja jedes Jahr im Frühling auch den berühmt-berüchtigten Hirschhornwegerich im Gewächshaus an. Ist das noch ein Würzkraut oder schon ein Gemüse? – Wir betrachten ihn eher als Schnittsalat, andere als Kraut. Und was ist eigentlich Knoblauch, Gemüse oder Kraut? Vielleicht einfach beides… Stolz sind wir auf jeden Fall auf unsere nun schon zum dritten mal selbst vermehrte Sorte Ljubasha und auf die Knoblauchblüten (-spitzen), die wir immer im Juni als würzigen appetizer verteilen, bevor dann ein paar Wochen später der erste Knoblauch kommt. Das Entfernen der Blüten hilft der Pflanze, sich auf die Ausformung der Zehen zu fokussieren.
Text und Fotos: Wendelin Sandkühler