
Ackerwissen: Blüten statt Blätter
Es war ein stressiger Frühsommer für unsere wärmeliebenden Sommerpflanzen: Auberginen, Kürbissen, Paprika und Zucchini war es viele Wochen lang zu kalt. Statt loszuwachsen, sind ihre Blätter gelb geworden. Und vor allem haben diese eher mediterran beheimateten Gewächse in den Notfall-Herbst-Modus geschaltet: bleibt es längere Zeit kalt, so fangen sie an, hektisch zu blühen, um schnell noch Samen zu produzieren. Das Wetter signalisiert ja schließlich herbstliche Eile. Das Wachstum der Blätter kommt dabei fast zum Erliegen – das Resultat sind klitzekleine Pflanzen mit gigantischen “Notblüten”.

Was tun?
Es hilft nur, die ersten Blüten auszubrechen oder abzuschneiden, damit die Pflanze dazu angeregt wird, den ersten Schritt (große Blätter bilden) vor dem zweiten (Blüten und Früchte entwickeln) zu tun. Sind die Blätter klein, können die Pflanzen nämlich auch ihre Früchte kaum versorgen und diese werden nicht schön ausgeformt. Deshalb sind viele der diese Woche geernteten ersten Zucchini klein, spitz zulaufend, mit harter Schale. Und das, obwohl wir fleißig und mehrmals Blüten ausgebrochen haben – bei den Paprika teilweise 5-7 Stück pro Pflanze!
Normalerweise brechen wir bei Paprika und Aubergine nur die allererste Blüte (“Königsblüte”) ab, da diese immer besonders früh kommt und unverhältnismäßig viel Kraft der noch kleinen Pflanze verbraucht. Bei den Kürbissen haben wir es nicht geschafft, Blüten auszubrechen. Zum Glück ist nur die Sorte Blue Ballet betroffen (nicht Hokkaido und Butternut). Mal sehen, wie die dicken graublauen Kürbisse dann im Oktober aussehen.

Warum sind viele Zucchini in privaten Gärten weiter als unsere auf dem Solawi-Acker?
Im milden Stadt- oder geschützen Hausgarten-Klima können Zucchini oft schon zwischen Mitte April und Anfang Mai gepflanzt werden, ohne dass ein später Frost sie dahinrafft. Auf dem Acker im kühlen Quellen gehen wir auf Nummer sicher und pflanzen immer erst zwischen dem 15. und 25. Mai, wenn es garantiert keinen Frost mehr gibt. Und eigentlich auch bessere Chancen auf schönes Wetter und warmen Boden, so dass die Pflanzen zügig loswachsen. Es sei denn, die berühmte Schafskälte schlägt mal wieder zu. Das ist laut alter Bäuer:innenweisheit eine kühle Phase Ende Mai, bevor es richtig Sommer wird. Leider hatten wir die letzten Jahre öfter mit dieser Schafskälte zu kämpfen und wer mutig schon im April gepflanzt hat, hat in den letzten Jahren oft zwei, drei schöne Wochen erwischt, in denen die Pflanzen schöne Blätter machen konnten. Sind sie erstmal gut gestartet, kommen sie dann auch besser durch die Schafskälte und es gibt deutlich früher Zucchini zu ernten als bei einer sicheren Pflanzung nach den Eisheiligen nach der dann in den letzten beiden Maiwochen oft erstmal gar nichts passiert.
Text und Fotos: Wendelin Sandkühler



