Ackerwissen: Warum ist der Solawi-Brokkoli oft kleiner als im Supermarkt?
In der Tat sind unsere Brokkolis oft kleiner als die Exemplare, die ihr aus dem Supermarkt oder vielleicht auch von manchem Marktstand gewohnt seid. Woran liegt das?
Zum Einen können und wollen wir nicht so massiv düngen, damit garantiert jeder Brokkoli Supermarktformat erreicht. Da wird nämlich auch schnell mal überdüngt und das ist nicht nur doof fürs Grundwasser, sondern auch eine unschöne Verschwendung von knappem Bio-Dünger. Dazu kommt, dass unser Solawi-Acker ein eher magerer Sandboden ist – super geeignet für genügsamere Gemüse wie Möhren, nicht so gut für starkzehrenden Kohl. Die meisten Supermarkt-Brokkoli kommen von fetteren (=lehmigeren) Böden – oder gleich aus Südeuropa.
Zum Anderen, apropos Verschwendung, verteilen wir wirklich jeden leckeren Brokkoli an euch Mitglieder, auch die kleinen und mittelgroßen. Bei einer Ernte für den Supermarkt würden die alle gar nicht erst geerntet, sondern einfach auf dem Feld verbleiben und schließlich wieder zu Erde – obwohl sie wunderbar lecker sind und manch:e Käufer:innen sich sicher auch sehr über einen kleinen Brokkoli zu einem passenden Preis freuen würden. Anstatt einen normgroßen zu kaufen, die Hälfte zu verkochen und den Rest eine Woche später zu entsorgen. Das selbe gilt für einige andere Gemüse, die eine stattliche Größe erreichen können wie Stangen- und Knollensellerie, Kohlköpfe aller Art, Kürbisse, Porree, Endivie-Salat, Steckrüben oder Blumenkohl (um den es gleich noch geht)!
Könnte man die kleineren Brokkolis nicht einfach noch wachsen lassen, damit sie größer werden? Das funktioniert leider nicht, Brokkoli hat ein sehr kleines Erntefenster – im Sommer wenige Tage, im Herbst vielleicht eine Woche. Wird es dann nicht geschnitten, so wird er nicht größer, sondern “hässlicher”, denn er fängt an, seine Blüten zu bilden (und wird erstmal gelb) oder es bilden sich – im Herbst, bei nassem Wetter – schlechte, schimmlige Stellen an der Oberseite von schönen, großen Brokkoliblumen.
Schließlich müssen wir im Sommer tatsächlich oft Brokkoli-Exemplare einige Tage zu früh und damit etwas kleiner ernten – ganz einfach, weil wir nur einmal pro Woche ausliefern und den Brokkoli am Hof nicht gut lagern können ohne dass er gelb wird. Denn beerntet werden muss er bei heißem Sommerwetter möglichst alle 2 Tage, um immer die passenden Exemplare zum richtigen Zeitpunkt zu erwischen. In der Not können wir unsere Kühlkammer auf ein Grad herunterkühlen und den Brokkoli dort ein paar Tage zwischenlagern. Das ist aber ein großer Energieaufwand, da wir die Kühlkammer standardmäßig nur von Oktober bis April für das Lagergemüse nutzen, so dass sie im Sommer meist 15 bis 20 Grad warm ist.
Übrigens müssen auch Zucchini im Sommer mindestens drei mal pro Woche beerntet werden. Wir machen das dann immer montags, mittwochs und freitags. Solltet ihr also ab und zu mal eine sehr kleine Zucchini oder eine etwas biegsame erwischt haben, liegt das daran, dass sie schon am Freitag geerntet wurde oder dass wir sie besonders klein geschnitten haben, um zu verhindern, dass sie innerhalb eines heißen Wochenendes zu einem Monster heranwächst.
Und was ist eigentlich mit kleinen Blumenkohl-Exemplaren?
Ja, auch die gibt es manchmal bei uns. Das liegt dann meistens an mangelnder Nährstoffversorgung und sonstigen ungünstigen Wachstumsbedingungen und betrifft meist nur einen kleineren Teil aller Blumenkohl-Pflanzen. Ansonsten gewährt uns der Blumenkohl, botanisch eine Art Zwillingsbruder des Brokkolis, mehr Zeit für die Ernte. Die Blume des Blumenkohls ist nämlich anders als der Brokkoli von einer Hülle aus Blättern geschützt und wird deshalb nicht so schnell gelb. Wird der Blumenkohl größer, so kommt seine weiße Blume zum Vorschein. Wir nutzen dann aber oft die Möglichkeit, zwei bis drei seiner großen Blätter abzubrechen und über die Blume zu legen. Durch dieses sogenannte Deckeln kann er noch ein oder zwei Wochen im Schatten der Blume weiterwachsen ohne gelb zu werden.
Text und Fotos: Wendelin Sandkühler