Ackerwissen: Riesenpastinaken
Viele von euch Solawistas haben sich vergangene Woche sicherlich über die Pastinaken gewundert, denn in den meisten Depots stand auf der Gemüsetafel “Pastinake: 1 Stück pro Anteil”. Da die meisten Exemplare über ein halbes Kilo wogen haben wir uns bei der Ernte entschlossen, sie nach Stück zu verteilen (und nur die kleineren klassisch nach Gewicht zum selbst abwiegen).
Warum aber sind die Pastinaken diesen Winter so riesig?
Zu gut gedüngt? Zu früh gesät? Versehentliche die Sorte “Industriepastinake Gigant” bestellt? Nein, nein und nochmals nein.
Haben wir vielleicht einfach zu spät geerntet? Auch hier lautet die Antwort eher nein, denn wir lassen die Pastinaken gern den Winter über im Boden. Nirgendwo halten sie sich besser als lebendig in der Erde – vorausgesetzt, die Mäusepopulation nimmt nicht überhand. Um Minusgrade müssen wir uns keine Sorgen machen; anders als viele andere Wintergemüse halten Pastinaken jeden Frost aus. Ein weiterer Vorteil: wir sparen Platz in unserem Lager, das Ende Oktober meist aus allen Nähten platzt. Ein kleiner Nachteil: Ist der Boden gefroren, kommen wir nicht an die Pastinaken ran und müssen mit der Ernte warten, bis es taut. Ein weiterer Nachteil: im Winter haben die Pastinaken kein grünes Laub mehr, um sie zeitsparend aus der Ernte zu ziehen; dazu ist der Boden oft extrem nass, was die Ernte zu einem mühsamen Pastinaken-Suchspiel machen kann.
Nun aber zur Auflösung unseres Rätsels um die Riesenpastinaken: Es war ein feuchter Sommer, die Pastinaken waren also stets gut mit Wasser versorgt und konnten zügig durchwachsen. Vor allem aber sind nach der Aussaat im Juni – da war es ausnahmsweise mal kurz heiß und extrem trocken – viele von ihnen nicht gekeimt und viele Keimlinge vertrocknet. In der Folge hatten viele Wurzeln viel zu viel Platz im Beet und konnten ohne hungrige Nachbar:innen besonders viele Nährstoffe aufnehmen und zu Giganten heranwachsen.
Die Aussaat der Pastinaken ist für Gärtner:innen immer aufregend. Wer – so wie wir und viele kleinere Gärtnereien – kein mit Luftdruck betriebenes Einzelkornsägerät hat, kämpft zunächst mal mit der sehr individuellen Form der geflügelten Pastinakensamen (siehe hier oder hier); die ähneln eher einer Münze oder einem Ahornsamen als einem Kügelchen und rieseln deshalb alles andere als homogen aus manuellen Sämaschinen. Zudem haben sie eine extrem lange Keimzeit – nach der Aussaat wächst also zunächst erstmal nur Unkraut, bevor dann die Pastinake endlich aus dem Boden spitzt.
Wir nutzen deshalb vorgekeimtes Saatgut in Pillenform – eine dünnne Zuckerkruste macht aus den flachen Samen runde Kügelchen, die wunderbar gleichmäßig ins Beet rieseln. Zum Glück gibt es solches vorbehandeltes Saatgut in Bio-Qualität bei der Firma Sativa; wir verwenden am liebsten die Sorte “Schleswiger Schnee”.
Text und Bilder: Wendelin Sandkühler