Ackerwissen: Der Pflug
Der Juni ist unsere Haupt-Pflanz- und -Aussaat-Zeit. Viele Tausend Quadratmeter Acker wurden und werden in den nächsten Wochen besät und bepflanzt. Zunächst aber muss der Boden vorbereitet werden, was diesmal per Pflug erledigt wurde. Der Pflug wendet den Boden, packt das Obere nach unten und das Untere nach oben – ähnlich dem manuellen Umgraben. Hinter dem Pflug verfestigt und begradigt eine Walze, der “Packer”, den Boden wieder.
Der Pflug bringt uns Gärtner*innen vor allem einen großen Vorteil: ein sauberes, lockeres, durchlüftetes Beet denn störende Pflanzen(-reste), schädliche Pilze etc. werden untergepflügt. Mäuse werden empfindlich gestört. Der Boden ist mit einem Arbeitsgang vorbereitet für die Aussaat feinster Samen von z.B. Möhre, Pastinake und Co, die wegen ihrer Mini-Samen auch Feinsämereien genannt werden.
Wie unangenehm das Gärtnern mit einem “unsauberen” Beet sein kann, haben wir dieses Frühjahr erfahren, als wir den Boden zunächst ohne Pflug bearbeiteten. Unsere gräserreichen Gründüngungen erfreuten zwar das Bodenleben, konnten mit Hilfe von Fräse und Co. aber nicht in saubere Beete verwandelt werden. Allein der Pflug hätte geholfen! Das lag einerseits daran, dass unsere Gründüngungen mit ihren vielen Gräsern sowieso schwer “totzukriegen” sind – Gräser wachsen einfach sehr leicht weiter oder, im Gärtnereijargon, ‘durch’. Andererseits und vor allem war es den ganzen April und Mai nie richtig trocken, sodass das unerwünschte Kraut nach jeder Bodenbearbeitung eher weiterwuchs anstatt zu vertrocknen.
Die Nachteile des Pflügens sind in den letzten Jahrzehnten in der Landwirtschaft stärker diskutiert und erforscht worden, ein Richtungsstreit zwischen Pfluglos-Pionier*innen und Pflug-Verfechter*innen ist entbrannt. Was ist so schlimm am Pflugeinsatz?
Leider wirkt sich das Pflügen in Teilen negativ auf den Boden und dessen Fruchtbarkeit aus. Hierfür sind vor allem die Punkte 1-3 unserer kleinen Liste der Nachteile des Pflügens veranwortlich:
- Bodenlebewesen vom Wurm bis zum Bakterium leben meist in verschiedenen Schichten des Bodens – nach dem Pflügen finden sie sich häufig ‘in einer falschen Etage’ wieder, eine nicht unerhebliche Störung.
- “Pflügen kostet Wasser” heißt es in einer landwirtschaftliche Fachzeitschrift. Das Wasser im frisch obenauf liegende, fein gekrümelten, feuchteren Boden verdunstet schneller.
- Da der Boden nach dem Pflügen zunächst feuchter und eben auch feinkrümliger ist, ist er anfälliger für Verdichtungsschäden durch anschließendes Befahren (und kann insb. bei bedecktem Wetter nicht so schnell wieder befahren werden wie z.B. ein gegrubberter Boden).
- Die vergleichsweise feinen Krümel, die der Pflug hinterlässt, zerstören auch viel von der gewachsenen Bodenstruktur – stabile größere Erdklumpen, stabilisiert von Wurzeln und Bodenlebewesen, werden zerkleinert, die Fruchtbarkeit sinkt. Gelingt ein Bodenbearbeitung primär mit dem Grubber, der nur wenig in die Bodenstruktur eingreift, ist der Pflug im Nachteil. Eine solche ‘minimale Bodenbearbeitung’ ist im Gemüseanbau aber sehr schwierig. Wird hingegen zur Fräse gegriffen statt zum Pflug können die Strukturschäden im Boden noch viel stärker ausfallen.
- Schließlich hinterlässt der Pflug immer auch auf einer Seite des Beets eine beeindruckende Furche – er kann also nur sehr begrenzt flexibel eingesetzt werden, um peu a peu kleinere Teilflächen vorzubereiten (sonst wimmelt es von Furchen und der Acker wird zum Mountainbike-Parcours). Ein Nachteil insbesondere im Gemüseanbau, wo rund ein halbes Jahrs lang fast jede Woche ein Teilstück besät oder bepflanzt wird.
Ist das Pflügen aufgrund höherer Klimagas-Emissionen des gewendeten Bodens auch schlecht fürs Klima?
Dies wurde immer wieder vermutet und z.B. auch in einem Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) betont. Metastudien deuten aber darauf hin, dass der Streitfrage ums Pflügen in Sachen Klimaschutz nur eine geringe Bedeutung zukommt. Kurz gesagt: Der Pflug ist wohl kein Klimakiller.
Unser Fazit als noch junges Solawi-Anbauteam: Manchmal ist der Pflug für uns noch unverzichtbar. Ob dies – je nach Fruchtfolge – im Schnitt alle ein, zwei oder drei Jahre sein wird? Wir tasten uns ran und werden wieder berichten!
Text und Bilder: Wendelin Sandkühler