Ackerwissen: Geschröpfte Zwiebeln
Klingt wie ein raffiniert-kurioses Rezept, oder? Tatsächlich wuchsen die “geschröpften Zwiebeln” bis vor kurzem noch munter auf unserem Acker. Vorletzte Woche wurden sie an alle Solawistas verteilt, die letzten “Frühlingszwiebeln” in diesem Jahr. Wer genau hingeschaut hat, hat sich vielleicht gewundert, dass die Zwiebeln im unteren Teil mit besonders vielen braunen, abgestorbenen Häutchen und Schichten daherkamen.
Die Erklärung: Vier Wochen zuvor hatten wir den grünen Austrieb eines Teils unserer Lauchzwiebeln mit dem Mulcher per Traktor abgeschlegelt, die Zwiebeln also quasi “kurz rasiert”. Hintergrund der radikalen Behandlung – ein solches “Schröpfen” blüht sonst nur Unkräutern – war ein Überschuss an Lauchzwiebeln. Einerseits, weil wir eine sportliche Menge angebaut haben. Andererseits, weil es im April so kühl war, dass die frühen Zwiebeln von den vier Wochen später gepflanzten quasi eingeholt wurden. So waren massenhaft Zwiebeln gleichzeitig fertig – und da wir nicht alle gleichzeitig rausgeben wollten (wer kann schon mit einem Kilo Lauchzwiebeln auf einmal umgehen!?!), verwandelten sich die zarten und sattgrünen Gewächse auf dem Feld recht schnell in “überständige” Exemplare mit gelben Spitzen und vertrockneten Häutchen.
Ein Teil der Zwiebeln war so “drüber”, dass wir sie radikal kurz gemacht haben. Wir hofften auf einen schönen Neuaustrieb der Zwiebeln nach dem Schröpfen. Als wir sie vor zwei Wochen geerntet haben, waren wir durchaus zufrieden mit unserem Experiment. Zwar waren die Zwiebeln in der Küche aufwendiger zu putzen, aber immerhin konnten wir sie überhaupt noch mit einigermaßen ansehnlichem Grün verteilen.
Die Zwiebeln groß werden zu lassen und später als hoffentlich große runde Speisezwiebeln zu verteilen war keine Option, da wir eine spezielle Lauchzwiebel-Sorte gepflanzt hatten, gezüchtet für das schnelle Ausbilden von jeder Menge zwiebelgrünem Austrieb. Anstatt eine runde Zwiebel zu bilden, werden solche Sorten nur immer hässlicher und gelber, wenn sie lange auf dem Feld stehen.
Es gibt bei den Zwiebeln übrigens noch eine dritte Varietät: die Winter- oder Winterheckenzwiebeln. Diese ist mehrjährig, absolut winterhart und geschnitten wird nur das obere Grün, das immer wieder neu austreibt. Ein solches Gewächs darf in keinem schwäbischen Hausgarten alter Schule fehlen – schließlich werden mit den frisch geschnittenen “Zwiebelröhrle” die “Maultäschle” gefüllt. Ähnlich wie bei der Zwiebel gibt es auch bei anderen Gemüsen verschiedene Unterarten für verschiedene Verwendungen, z.B. Wurzel- und Blattpetersilie oder den Allrounder Sellerie. Letzteren gibt es in der Knollen-, Stangen-/Stauden- und in der weniger verbreiteten Schnitt- oder Blatt-Variante (die vor allem in Suppen und für Suppengrün-Bunde Verwendung findet).
Text und Bilder: Wendelin Sandkühler