Ackerwissen: Das Einmaleins des Einlagerns
Der Oktober ist immer eine intensive Zeit in der Gärtnerei. In den Gewächshäusern ist Schichtwechsel – auf 3m lange Tomaten- und Gurkenpflanzen folgen Zehntausende Pflänzchen klitzekleiner Feldsalat. Und im Freiland heißt es Ernten und Einlagern.
Wann wird welches Gemüse eingelagert? Wie hält es sich besonders lange frisch? Und was kann den ganzen Winter auf dem Feld bleiben?
Los geht es mit unserem Einlager-Einmaleins!
Kürbis muss normalerweise bereits im September vom Feld. Die Strünke sollten dunkel und holzig sein, das Wetter trocken. Nach der Ernte steht er idealerweise an einem warmen, trockenen Ort (ein sonniges Vordach, ein Dachboden, ein leerstehendes Gewächshaus…) bevor er im Oktober in ein frostsicheres Lager umziehen muss – idealerweise herrschen dort 12-13 Grad und 60-70% Luftfeuchte. Meist hat Kürbis auf den Höfen keinen eigenen perfekten Lagerraum und ist deshalb nur bis Weihnachten, maximal bis Januar gut lagerfähig, danach steigen die Lagerverluste extrem, oft muss dann mehr als jeder zweite Kürbis entsorgt werden.
Im September ist oft auch die Hochphase der Kartoffel- und Zwiebelernte. Zwiebeln müssen ähnlich wie Kürbis zuerst bei höheren Temperaturen getrocknet werden, damit sie lange halten. Danach können Zwiebeln und Kartoffeln zusammen gelagert werden. 5 Grad sind ideal, die Luft sollte ca. 75-80% feuchte haben. Kartoffeln mögen es eigentlich noch etwas kühler und feuchter aber oft ist es praktisch, beides zusammen zu lagern.
Zwiebeln halten im Lager typischerweise bis Februar, Kartoffeln bis April – spezialisierte Betriebe können noch einige Monate mehr rausholen.
Rot- und Weißkohl sollten geerntet werden, wenn die Köpfe schön groß aber auch noch durchgehend gesund sind. Im Zweifelsfall lieber früher als später, ggf. auch bereits Mitte/Ende September. Ist der Kohl allerdings sehr spät in den Boden gekommen und gesund aber noch zu klein, kann auch noch gewartet werden, minimale Fröste zwischen -3° und -4°C hält Kohl aus. Nur sollte unbedingt gewartet werden, bis er wieder aufgetaut ist. Eingelagert werden nur gesunde Köpfe – und ab geht es die Kühlung, wo idealweise nur 0,5 Grad bei einer sehr hohen Luftfreuchte von ca. 98% herrschen sollten. Zu kleine Köpfe sollten idealweise zuerst verzehrt werden, da von ihnen nach einer längeren Lagerung oft nicht mehr viel übrig bleibt. Dasselbe gilt für Köpfe mit oberflächlichen schlechten Stellen. Die Kohl-Lieferung von letzter Woche bestand aus genau solchen “nicht lagerfähigen” Exemplaren: zu klein oder nicht einwandfrei gesund. Toll, dass wir das als Solawi alles direkt aufbereiten, waschen und verteilen können. Sonst bleibt es meistens auf dem Feld – und wird nach mindestens drei Monaten gärtnerischem Aufwand sang- und klanglos wieder zu Erde.
Wenn alles ideal läuft kann der Kohl bis Ostern gelagert werden, ohne dass beim Aufbereiten allzu viel “Schlonz” (faule äußere Blätter) weggeputzt werden muss.
Rote Bete (und auch Gelbe) verträgt keinen Frost, sie ist deshalb meist das erste Wurzelgemüse das ins Lager muss. Dort mag sie es mit 3-4 Grad etwas wärmer. Die Luft sollte trotzdem sehr feucht sein. Die schon genannten 98% sind ein guter Wert für fast alle klassischen Lagergemüse außer Kartoffeln, Zwiebeln und Kürbissen. Je nach Süße der Sorte ist Rote Bete auch extrem beliebt bei Mäusen, die ohne Probleme auch oberirdisch an ihr fressen können – ein weiterer Grund, sie zügig vom Feld zu holen. Dabei müssen übrigens die Blätter entfernt werden, sie verdunsten sonst unnötig Wasser was die Knolle schneller weicht macht.
Bei guten Bedingungen bleiben Rote Bete locker bis Mai frisch und knackig! Auch in einer normalen kühlen Scheune oder im Keller halten sie sich normalerweise viele Monate – anders als z.B. Möhren, die bei mehr als 2-3 Grad schon nach wenigen Wochen anfangen langsam “labberig” zu werden.
Knollensellerie wird nachgesagt, einen ganz leichten Frost wegstecken zu können. Aber nicht zu lange und nicht unter -4°C. Das Grün muss bei der Ernte ab, die Wurzeln können je nach Platz im Lager, Zeit und Vorliebe ganz oder teilweise dran bleiben. Die viele Erde zwischen den Wurzeln schafft ein gutes Lagerklima ähnlich einer Erdmiete. Vor dem Verkauf werden die Wurzeln abgeschnitten, je heller die Schnittstelle, desto frischer der Sellerie.
Sellerie hält sich ähnlich wie Rote Bete locker mal bis Mai und ist auch ähnlich anspruchslos bei den Lagerbedingungen. Ideal sind auch hier maximal 1 Grad und 98% Feuchte.
Möhren können leichte und (geschützt mit Wärmevlies, angehäufelter Erde oder Stroh) auch mittlere Fröste vertragen. Unter -10°C wird es aber bedrohlich – was wir auch schon mehrmals schmerzlich erfahren mussten. Deshalb macht es Sinn, sie im späten Herbst, auch noch im November, einzulagern. Auch weil bei sehr nassem oder gefrorenem Boden im Winter nicht geerntet werden kann. Zudem fressen (Wühl-)Mäuse munter an den Wurzeln und es kann Probleme mit Staunässe geben.
Bei ca. 1°C und 98% Feuchte halten Möhren im Lager mindestens bis April.
Sie können natürlich auch schon im September oder frühen Oktober ins Lager – vor allem, wenn sie reif sind. Erntereife Möhren erkennt man daran, dass ihre Enden abgestumpft, rund und platt sind – sind sie noch sehr spitz sollten sie eigentlich noch wachsen. Wird eine maschinelle Ernte angestrebt, sollte zudem das grüne Möhrenlaub noch dick und gesund sein.
Wintersalate und Chinakohl können einige Wochen, maximal zwei Monate in einem sehr kühlen, feuchten (s.o.!) Lager zwischengelagert werden, wenn es im späten Herbst zu frostig auf dem Feld wird. Keinesfalls sollten sie bei Temperaturen unter -5°C auf dem Feld bleiben. Sie können mit Wärmevlies geschützt werden, allerdings friert das dann an den Auflagestellen fest, die meist im Anschluss Schäden haben. Um das zu vermeiden, können viele kleine Drahtbügel aufgestellt werden, wie eine Art Mini-Gewächshaus. Typische Wintersalate sind Endivie – in glatt oder in kraus als “Frisee”, Radiccio und Zuckerhut.
Wirsing kann Temperaturen zwischen -5° und -10°C ab, es sollte allerdings auf die Sorte geachtet werden! Wird es noch kälter, muss er vom Feld und kann in einer Kühlung noch einige Wochen verweilen, bevor er aufbereitet und gegessen werden muss.
Pastinaken und Petersilienwurzeln können, genauso wie Feldsalat, den ganzen Winter auf dem Feld bleiben und jeden Frost aushalten. Die Wurzeln können aber auch eingelagert werden, das gibt Planungssicherheit, weil es im Winter oft zu nass oder zu frostig zum Ernten ist.
Porree, Rosenkohl und Grünkohl bleiben ebenfalls auf dem Feld. Solange die Temeperaturen nicht unter minus 10 Grad fallen funktioniert das gut. Wird es deutlich kälter machen die Kohlgewächse in der Regel schlapp, denn fast alle heute gebräuchlichen Sorten schmecken zwar sehr lecker und viel milder als früher, sind aber auch nicht mehr richtig frosthart. Porree kann mehr ab, es muss aber bei zweistelligem Minusgraden mit Verlusten gerechnet werden. Deshalb kann es manchmal sinnvoll sein, Porree vor einer solchen Wetterperiode für einige Wochen, maximal 1-2 Monate bei 1-2 Grad einzulagern und später zu putzen und aufzubereiten. Rosenkohl (einige wenige) Wochen und Grünkohl (maximal 1-2 Wochen) sind auch in einem Profi-Lager nur begrenzt lagerfähig.